Testbericht: Resound Pulse Hörgerät

ReSound Pulse Test

Der Hersteller

Ein Hörgerät im Schatten

GN ReSound ist ein Unternehmen der Phonak Gruppe mit Hauptsitz in Dänemark. Die skandinavischen Entwickler haben um ihre Messeneuheit 2006 in diesem Jahr ein großes Geheimnis gemacht und Einzelheiten erst kurz vor der Hörakustikmesse im Herbst durchsickern lassen.

Äußerlichkeiten

Unser Team war zunächst beeindruckt von der Präsentation der Hörgeräteneuheit bei GN ReSound: Ganz in Schwarz und Rot gehalten kam der Messestand daher. Mit diesem Auftreten möchte man das neue Produkt hochwertig und stylisch wirken lassen: "Der Ferrari unter den Hörgeräten" quasi. Uns interessierte auf der Messe jedoch weniger die Verpackung und die Werbung, als vielmehr die inneren Werte und die Frage: Ist das wirklich neu?

Zwei Größen

Ein kleines Hinter-dem-Ohr Hörgerät

GN ReSound bringt das neue Pulse-System von Anfang an in zwei Varianten auf den Markt: Eine mit einem großen (312er) und eine mit einem kleinen (10er) Akku. Geworben wird, wie zu erwarten war, fast ausschließlich mit der kleineren Variante. Die Akkus sind der einzige Unterschied der beiden Gerätevarianten. Ein gravierender Unterschied allerdings, wie ein Blick auf die aktuelle Akkutechnologie verrät:

Akkutechnik

Schon früher gab es Hörgeräte mit Akkutechnik. Schwachpunkt der Geräte waren meist die kurzen Akkulaufzeiten, die äußerst umständliche Handhabung und die hohen Kosten im Fall eines Akkuwechsels. Akkugeräte haben sich deshalb nie wirklich durchgesetzt und fristeten ein Randgruppendasein. Ständig sinkende Preise der Hörgerätebatterien taten das ihre dazu.

Hörgerät und Ladestation

Bei Pulse könnte das anders sein. GN ReSound hat sich zum Ziel gesetzt, das Akkuladen zu einem vollkommen automatischen Vorgang zu machen, ohne dass der Benutzer etwas beachten muss. Die Ladestation "SuperTune", die zwei Hörgeräte aufnehmen kann, ist gleichzeitig Aufbewahrungsstation für die Hörgeräte, wenn sie nicht im Ohr sind. "Aus dem Ohr in die Station" lautet die einzige Regel, die sich der Hörgeräteträger merken muss.

Werden die Hörgeräte in die Station gedrückt, wird die Batterieklappe geöffnet und der Ladevorgang beginnt automatisch. Durch die Verwendung von neu entwickelten Nickel-Metall-Hydrid-Akkus wird der lästige Memory-Effekt vermieden: Die Akkus lassen in ihrer Kapazität in den ersten Monaten nicht nach. Voraussichtlich mindestens anderthalb Jahre lang wird keine Alterung des Akkus zu bemerken sein.

Die Kapazität zeigt jedoch auch die Grenzen des Systems auf: Wer die Akkus nicht wechseln möchte, der muss darauf achten, dass sie einmal am Tag in ihre Heimstation kommen. Der große Akku hält nämlich unter optimalen Bedingungen 22 Stunden, der kleine nur maximal 12 Stunden. In der Praxis werden diese Werte vermutlich etwas geringer ausfallen. Mit anderen Worten: Wer sein Hörgerät auch an langen Arbeitstagen von morgens bis abends einsetzen möchte, der wird mit der kleinen Pulse-Version um einen Akkuwechsel im laufenden Betrieb nicht herum kommen.

Alternative Stromversorgung

So setzt man das Hörgerät in die Ladestation.

Pulse kann jedoch auch mit herkömmlichen Hörgerätebatterien betrieben werden. Die Ladestation erkennt dies und lädt solche Zellen nicht versehentlich auf. Die Station hat im Batteriefall nur noch die Funktion einer Aufenthaltsstation.

Im Ladegerät befindet sich immer auch ein zusätzlicher Satz Akkus, die automatisch randvoll geladen gehalten werden. Diese Akkus gehören zur Grundausstattung und haben noch ein wirklich intelligentes Detail: Sie lassen sich aus der Station nehmen und als Schlüsselanhänger mitnehmen. Auf diese Weise geht dem Träger nicht so schnell der Strom aus.

Akustisch etwas Neues?

Pulse hat modernste Technik an Bord. Pulse setzt mit seiner Technik jedoch keine wirklich neuen Maßstäbe, wie wir finden. Die meisten Features haben auch die Mitbewerber in ihren Hörgeräten in gleicher oder ähnlicher Weise umgesetzt. Trotzdem spielt Pulse technisch in der ersten Hörgeräteliga.

Eine Grafik die die Windgeräuschunterdrückung erklärt

Neben einer weiterentwickelten Rückkopplungsunterdrückung (reduziert das lästige Pfeifen) hat uns besonders begeistert, wie Pulse mit Windgeräuschen umgehen kann. Der Hörgeräteakustiker hat die Möglichkeit, mit dem "WindManager" effektiv gegen Windgeräusche vorzugehen. Die ersten Eindrücke, die wir davon sammeln durften, waren verblüffend: In Situationen, die Hörgeräteträger oft zum Abschalten zwingen (Rad fahren oder Wandern im Wind), reduzierte Pulse das Windgeräusch derart exakt, dass es kaum noch zu hören war. Die anderen Schallereignisse blieben dabei erstaunlich stabil. Hier hat Pulse also auch technisch die Nase vorn.

Was uns sonst noch auffiel

Das ReSound Pulse wird mit offenen Fallschirmotoplastiken angepasst. Der Sitz ist oft nicht so gut wie bei herkömmlichen Otoplastiken, dafür sitzen sie meist offener im Gehörgang als vollfüllende Otoplastiken. Die Schirmchen sind mit Minischläuchen am Hörgerät befestigt. Das macht sie einerseits extrem unauffällig, hat aber andererseits auf die Wiedergabe der hohen Frequenzen ggf. negative Einflüsse. Mit diesen Nachteilen kämpft jedoch nicht nur das Pulse, sondern alle aktuellen Hörgeräte mit industriell gefertigten Schirmchen.

Eine Ladestation die mit einem Laptop verbunden ist

Die Ladestation hat für die Stromaufnahme einen USB-Anschluss. So kann das Laden des Pulse z.B. auch unterwegs über den USB-Port eines Laptops erledigt werden.

Die Gehäuseform ist bewährt: Bereits beim ReSound Air kam sie zum Einsatz. Beeindruckend ist die Farbvielfalt: Unter den 17 verfügbaren Gehäusefarben findet sicher jeder seine passende Variation.

Das ReSound Pulse Hörgerät in verschiedenen Farben

Einschätzung des HörShop-Teams

Um mit etwas Kritik zu beginnen: Die Variante, auf die alle Welt derzeit schaut, ist die kleine Pulse-Variante (kleiner 10er Akku). Genau dieses Gerät hat jedoch einen Akku an Bord, der alle Vorteile dieser neuen Technologie in Frage stellt. Denn mit unter 12 Stunden Tragezeit ist ein sorgloser Betrieb tagsüber nicht mehr sichergestellt und ein Akkuwechsel zum Ende des Tages unumgänglich. Das ist unserer Meinung nach für ein Akkusystem nicht akzeptabel. Immerhin: Pulse lässt seinem Träger die Wahl, ob er Akkus oder Batterien einsetzen möchte. Wir vermuten, dass sich die Träger der kleinen Variante deshalb über kurz oder lang wieder für den Einsatz von Hörgerätebatterien entscheiden werden.

Wer die größere (und immer noch recht kompakte) Variante des Pulse wählt, der bekommt ein Hörgerät, das neueste Standards mit an Bord und einige gute Ideen mit im Gepäck hat. Der Akkueinsatz spart das umständliche Batteriewechseln und den anfallenden Batteriemüll (Kosten sind damit unter dem Strich vermutlich kaum zu sparen). Das Erscheinungsbild des neuen Systems ist extravagant in der Hand und äußerst unauffällig hinter dem Ohr. Akustisch ist es besonders für aktive Menschen mit der neuen Windgeräuschunterdrückung sehr interessant.

Der Marktpreis des Pulse war bei Redaktionsschluss noch nicht eindeutig zu ermitteln. Klar ist jedoch, dass sich das Pulse im oberen Marktsegment einordnet und damit für gesetzlich Versicherte eine kräftige Zuzahlung zur Folge hat.

Unser Tipp: Ob die Zuzahlung gerechtfertigt ist, sollte jeder Interessierte testen, bevor er sich entscheidet. Achten Sie immer darauf, den akustischen Merkmalen den Vorzug vor den optischen zu geben. Testen Sie unbedingt Vergleichsgeräte mit ähnlicher akustischer Ausstattung, um festzustellen, ob Sie die technischen Raffinessen des Pulse wahrnehmen und nutzen können.

HörShop-News vom 23.10.2006, Herstellerlink: http://www.resoundpulse.de/

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